Warum Messenger Marketing nicht mit Bots funktioniert

 

Schon vor geraumer Zeit habe ich meine Facebook App vom Smartphone gelöscht. Zu viel Zeit habe ich mit sinnfreiem Hin- und Herscrollen verbracht – ich brauchte sie einfach nicht. Was ich jedoch behalten habe, ist den Facebook Messenger. Weil ich hier effektiven Informationsaustausch betreibe und zwar mit Personen, die mich wirklich interessieren.

Mit diesem Befinden bin ich offenbar nicht die Einzige. Laut einer Studie von BI Intelligence haben die Nutzeraktivitäten von Messengern wie Whatsapp & Co. die der reinen Social-Media-Plattformen überholt. Für Marken hat sich damit ein neuer und vielversprechender Kommunikationskanal eröffnet.

 

Messenger Marketing ist das neue Mantra der Werbekommunikation

Bereits seit einigen Monaten wird Messenger Marketing als neuer Trend von amerikanischen Platzhirschen vorangetrieben: TechCrunch etwa bietet seinen Lesern mit einem Chat Bot das bisher einfachste Tool, Fachartikel zu finden und der Bot von Paypal ermöglicht es den Usern, einfach per Messenger Geld zu versenden.

Hierzulande legen Firmen wie Lufthansa, Zalando und Opel nach. Das kreativste Beispiel kommt jedoch bislang von der Sparkasse: “Willst du einen persönlichen Gruß oder einen Hasenwitz versenden?” fragt mich der Bot(e) der Sparkasse im Facebook Messenger. Nach meiner Antwort “Hasenwitz senden” erhalte ich ein Video, an dessen Ende mir der tätowierte Kwitt-Rabauke einen sprechenden Hasen vorhält, der einen platten, aber lustigen Witz erzählt. Das Video kann ich direkt an Freunde weiterleiten. Ich finde das nach anfänglicher Skepsis sehr unterhaltsam und um einiges besser als die Sparkassen-Postings, die mit 5 bis 18 Likes ohnehin keine nennenswerte Beachtung finden. Etwas Entscheidendes fehlt jedoch.

 

Professioneller Messenger Talk macht Spaß und Sinn

Für uns von RCKT ist Messenger Marketing dann überzeugend, wenn es individuellen Content liefert und zusätzlich eine echte Service-Leistung erbringt. Der Content des Sparkassen-Boten erfüllt zwar ersteres, der Service ist aber nur begrenzt. Nicht wir stellen Fragen, sondern der Bot (“Was willst du nun tun?”). Wir selbst dürfen lediglich aus einer von fünf Dienstleistungs-Optionen (Gruß senden, Schulden zurückfordern etc.) wählen.

Der bisherige Best Case kommt für uns aus den eigenen Reihen: Für den ADAC starteten wir dieses Jahr eine Messenger-Aktion, die nicht nur individuell sondern umso mehr service-orientiert war.

Mit “Don’t call Mom” haben wir den eingestaubten Automobilclub zu einer coolen Kummernummer für junge Leute gemacht. Der Trigger war eine temporäre Whatsapp Hotline, in der Nutzer dem ADAC Fragen aller Art stellen konnten. Das Motto: Egal ob Autopanne, verlorener Reisepass oder Pettingunfall – Don’t call Mom, ask ADAC und zwar direkt bei Whatsapp.

Die Resonanz übertraf alle Erwartungen: In einem Zeitraum von sechs Wochen wurden zwischen Marke und User fast 143.000 Nachrichten in über 5.000 Chats ausgetauscht. Die Nutzer stellten Fragen zu den ADAC Services Pannenhilfe, Reisen und Rechtliches sowie zu den Influencern, die die Kampagne begleiteten. Circa ein Viertel der Chats waren witzige Alltagsanekdoten und lockerer Feedback Talk, dienten also schlicht der Unterhaltung. Ganze 43% wurden allerdings “sonstigen Themen” zugeordnet: Der ADAC beantworte auf einmal Fragen wie “Was schenke ich meiner Freundin zum Geburtstag?” und “Wie komme ich gut durchs Festival?”. Unter den Topics waren auch Gesundheit, Haushalt, Schule und Nachtleben – der ADAC trat als echter Lifestyle-Berater auf.

 

Guter Service kann nur persönlich funktionieren

Natürlich gelingt ein solcher Service nicht mit Chat Bots. Entgegen der aktuellen Beispiele von TechCrunch bis Sparkasse war beim ADAC Messenger keine Bot-Maschinerie am Werk sondern ein Team an echten Textern. Darunter auch qualifizierte Fachleute vom ADAC, die auch heikle Fragen sicher beantworteten.

Solch eine Aktion bedeutet direkte Interaktion zwischen Marke und User und damit eine besondere Chance, sich zu präsentieren. Eine Traditionsmarke scheut sich nicht davor, in direkten Dialog mit ihrem Publikum zu treten, spontan und unmittelbar. Sie geht dabei sogar über ihren Kernservice hinaus. Dabei trifft lockerer Comedy Talk auf professionelle Beratung – das schindet Eindruck und schafft echte Aha-Momente.

 

Mach deinen Kunden zum Freund – dann schreibt er dir auch

Der Sparkassen Case zeigt, dass Messenger Marketing auch mit Bot äußerst kreativ und unterhaltend sein kann. Das ADAC Pendant aber offenbart uns, wie wertvoll der echte Austausch von Mensch zu Mensch bleibt. Was zählt ist individuelle Kommunikation nach Maß statt Menüauswahl und Massenabfertigung. Nur wenn User das Gefühl haben, wirklich verstanden zu werden, kommen sie auch von selbst auf die Marke zu. Deshalb wird ein Bot auch mit zukünftiger Technik nicht den Charme eines echten Gesprächs ersetzen können.

Richtig angewandt, beschreiten wir mit Messenger Marketing einen äußerst vielversprechenden Weg, unsere Zielgruppen mit personalisiertem Content zu versorgen. Aus dem Facebook Post an alle wird eine Nachricht an einen. Aus Quantität wird Qualität.

 

Autor: Anne Strandt mit Felix Siepmann